Geschichte der Osteopathie

Als Begründer der Osteopathie gilt der amerikanische Mediziner Andrew Taylor Still. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwarf Still aufgrund tiefgreifender eigener Erfahrungen und Beobachtungen ein neuartiges Bild der Einheit von Körper, Geist und Seele. Darauf basierend gelangte er auch zu einer neuen Vorstellung davon, was gesund und krank bedeuten.

 

Er ging davon aus, dass eine gute Beweglichkeit aller Strukturen nur dann möglich ist, wenn das Nervensystem intakt ist und wenn alle Gewebe ordnungsgemäß mit Nährstoffen versorgt werden und ihre Abfallstoffe störungsfrei an die Lymphe abgeben können können.

Sein Therapieansatz bestand folglich darin, Bewegungseinschränkungen im Gewebe nur mit den Händen zu erspüren, sie auch nur mit den Händen zu lösen und dadurch dem Körper die benötigten Impulse zur Selbstheilung zu geben.

Diese Urform der Osteopathie kann auch als parietale Osteopathie bezeichnet werden, da sie sich vorrangig mit dem Bewegungsapparat befasst und als Vorläuferin anderer manueller Therapieformen wie der Chiropraktik gilt.

 

Der Engländer John Martin Littlejohn, ein Schüler Stills, brachte die Philosophie der Osteopathie nach Europa, wo sie sich schnell verbreitete. Anders als in den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Osteopathie jedoch in Europa nicht der Schulmedizin gleichgestellt, sondern eine eigenständige Therapieform. Ein weiterer Schüler Stills, William Garner Sutherland, erforschte die Anatomie des Schädels und der Schädelnähte und entdeckte hierbei 1939 die sogenannte primäre Respirationsbewegung. Diese äußerst feine und eigenständig pulsierende Bewegung, die in keinem Zusammenhang zu Puls und Atmung steht, kann am Schädel, am Steißbein und an weiteren Körperstrukturen erspürt werden und liefert dem Osteopathen wichtige Hinweise für seine Diagnose. Sutherland entwickelte somit die traditionelle Osteopathie fort und erweiterte sie um die cranio-sakrale Komponente.

 

Die beiden französischen Therapeuten Jean-Pierre Barral und Jacques Weischenck schließlich setzten sich in den 1980er Jahren intensiv mit den inneren Organen auseinander und suchten nach Möglichkeiten, diese osteopathisch zu untersuchen und zu behandeln. Sie legten damit die Grundlage für die sogenannte viszerale Osteopathie, die heute neben dem parietalen und dem cranio-sakralen Bereich zum festen Bestandteil der modernen Osteopathie zählt.